Viertens: Die Bundesregierung verfolgt den parallelen Aufbau von Importinfrastrukturen für Pipeline- und Schiffstransporte. Für Transporte per Schiff, Schiene oder Straße kommen vor allem Wasserstoffderivate, Trägermedien und Folgeprodukte in Frage. Der Schiffstransport ermöglicht Wasserstoffimporte aus Regionen, die aus technischen und ökonomischen Gründen nicht per Pipeline angebunden werden können.
Fünftens: Neben enger Kooperation mit europäischen Partnern zu regulatorischen Fragen, Erzeugungspotentialen und Infrastruktur arbeitet die Bundesregierung auch international mit einer Vielzahl an Partnerländern, Partnerregionen und Akteuren zusammen. Ziel ist, die Lieferquellen möglichst breit zu diversifizieren. Dazu kooperiert das BMWK im Rahmen der mehr als 30 Klima- und Energiepartnerschaften sowie Energiedialoge. Zudem wurden in den vergangenen Jahren mit zahlreichen Partnerländern explizite Wasserstoff-Abkommen geschlossen.
BDEW – Strategie braucht klare Maßnahmen
Reaktionen dazu kamen prompt, beispielsweise vom BDEW (Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft). „Importe von Wasserstoff und Derivaten werden eine entscheidende Rolle spielen, um die Verfügbarkeit von Wasserstoff in Deutschland sicherzustellen. Es ist daher gut, dass die Bundesregierung ihre Wasserstoffimportstrategie nun endlich vorgelegt hat“, erklärte Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung (Abb. 2). „Aktuell aber fehlt der Strategie die Priorisierung der Maßnahmen und Ziele.
Die bisherigen Instrumente zur Mengenbeschaffung müssen sinnvoll ergänzt und weiterentwickelt werden. Zudem erscheint die Importstrategie überfrachtet. Aus Sicht des BDEW sollte sie sich auf ihr Kernziel fokussieren: in kurzer Zeit große Mengen Wasserstoff und Derivate zu möglichst wettbewerbsfähigen Preisen importieren zu können. Denn es gilt: Je schneller und je mehr Wasserstoff und Derivate verfügbar gemacht werden, desto besser ist es für den Wasserstoffhochlauf und damit für das Gelingen von Energiewende und Transformation der Wirtschaft. Die Importe von Wasserstoff sollten nun ähnlich ambitioniert angegangen werden wie der Bau des Wasserstoff-Kernnetzes.“
Zukunft Gas – Deutschland muss klares Signal senden
Für Dr. Timm Kehler, Vorstand des Branchenverbands Zukunft Gas (Abb. 3), fehlen der Strategie in ihrer aktuellen Form klare Prioritäten und konkrete Maßnahmen. Deutschland müsse ein klares Signal an die internationalen Anbieter senden. „Die Strategie bringt zwar zum Ausdruck, dass Wasserstoffimporte ein wichtiger Baustein des zukünftigen Energiesystems sein werden, sie gibt aber keinen Hinweis auf eine verlässlich wachsende Nachfrage in Deutschland. Die internationalen Lieferanten von Wasserstoff warten auf klare Signale und Impulse, Investitionen in die kapitalintensive Wasserstoffproduktion auszulösen. Außerdem ist ein einheitliches, internationales Zertifizierungssystem für Wasserstoff von zentraler Bedeutung. Erst damit kann ein globaler Markt entstehen, der unseren Bedarf langfristig deckt.
Dafür müssen auch die Investitionen in die notwendige Infrastruktur durch den Staat abgesichert werden. Die Finanzierung eines europäischen Verbundnetzes und die Unterstützung von Investitionen in Erzeugerländern, wie Nordafrika, sind hierbei besonders wichtig. Wir brauchen jetzt konkrete Maßnahmen und Zeitpläne, insbesondere was die Stimulierung von gesicherter Nachfrage, die Finanzierung der europäischen Importinfrastruktur sowie die Schaffung eines einheitlichen Zertifizierungssystems angeht. Nur mit diesen Maßnahmen kann die Wasserstoff-Importstrategie ihre Wirkung als wichtiges Instrument für die deutsche Energiewende entfalten, die Energieversorgung der Zukunft sichern und im In- und Ausland deutlich demonstrieren: Deutschland wird zum Wasserstoffland.“