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Gemeinsam besser

Klimaschonend wohnen auf ehemaligem Militärgelände

Seit Einzug der ersten Bewohner im Frühling 2023 versorgt in Herford (Nordrhein-Westfalen) eine Energiezentrale – mit Blockheizkraftwerk (BHKW) und Wärmepumpe – das neue Quartier „Wohnen am Uhlenbach“ mit Wärme.

Die beiden Technologien erzeugten im ersten Betriebsjahr 98 Prozent der benötigten Wärmemenge, der Gaskessel dient primär als Backup.

Quelle: Sokratherm
Drei der vier Mehrfamilienhäuser in Herford: Im Vordergrund die Luftwärmepumpe, dahinter die Einfahrt zur Tiefgarage und zum Aufstellraum des BHKW-Kompaktmoduls „GG 50 6VRS“.

Das ehemalige Gelände der „NAAFI“ (Navy, Army, Air Force Institutes) in Herford hat sich stark verändert: Wo bis September 2015 auf einem asphaltierten Gelände drei Betriebsgebäude der Versorgung der britischen Streitkräfte gedient haben, stehen heute ein Drogeriemarkt und ein modernes Wohnquartier mit vielen Grünflächen.

Ein Nahwärmenetz versorgt die auf 7.600 m² neu errichteten Wohnhäuser mit Wärme. Vier Mehrfamilienhäuser mit insgesamt 45 Wohneinheiten, ein Doppelhaus und sechs Einfamilienhäuser benötigen daher keine eigenen Heizsysteme, sondern werden von einer von den Stadtwerken Lemgo betriebenen Energiezentrale beheizt.

Diese umfasst ein BHKW-Kompaktmodul „GG 50 6VRS“ vom Hersteller Sokratherm mit Brennwertnuzung und bis zu 107 kW thermischer Leistung, eine Wärmepumpe mit 33 kW Wärmeleistung, einen Gaskessel mit 280 kW Wärmeleistung und insgesamt 10 m³ Wärmespeicher. BHKW und Wärmespeicher wurden bewusst groß dimensioniert, um einen flexiblen, vom aktuellen Wärmebedarf entkoppelten Be-trieb der Wärmeerzeuger zu ermöglichen. Durch die Bauweise nach dem anspruchsvollen KfW-40-Standard ist der Wärmebedarf der Gebäude vergleichsweise gering und kann mit niedrigen Vor- und Rücklauftemperaturen gedeckt werden. Diese wiederum ermöglichen einen besonders effizienten Betrieb der Wärmepumpe und Brennwert-Wärmeübertrager.

Quelle: Sokratherm
Zu sehen: Das BHKW-Kompaktmoduls „GG 50 6VRS“.

Die Platzierung der Energiezentrale im Untergeschoss eines der Mehrfamilienhäuser direkt unter Wohnraum machte verstärkte Schallschutzmaßnahmen erforderlich: So wurden beim BHKW die besonders laufruhige Ausführung mit 6-Zylinder-Gasmotor gewählt, alle Bauteile und Leitungen von Schwingungen entkoppelt sowie Primär- und Sekundärschalldämpfer statt des in dieser Leistungsklasse üblichen einzelnen Kombinationsschalldämpfers installiert.

Zusätzlich zur Wärme erzeugt das BHKW 50 kW elektrische Leistung, mit der die Bewohner von 33 barrierefreien Wohnungen in drei Mehrfamilienhäusern sowie die Wärmepumpe mit maximal 9,2 kW elektrischer Leistungsaufnahme versorgt werden. Darüber hinaus sind auf den Dächern dieser Gebäude PV-Anlagen mit insgesamt 50 kWp installiert.

Energieeffizienz transparent gemacht

Mittlerweile liegen die Daten von mehr als einem Jahr Betrieb der Gesamtanlage vor. Diese zeigen, wie sich in diesem Quartier die Rolle des Gaskessels vom Hauptwärmeerzeuger zum Garanten der Versorgungssicherheit gewandelt hat: Er lieferte im Zeitraum eines Jahres 6,6 MWh Wärme, während Blockheizkraftwerk und Wärmepumpe 239 bzw. 56 MWh Wärme, also gemeinsam 98 Prozent des Wärmebedarfes, erzeugten.

Quelle: Sokratherm
Die bis 2015 von den britischen Streitkräften genutzten Gebäude wurden durch das Wohnquartier und Gewerbeflächen ersetzt.

Der Kessel verbrennt also im Normalfall kein Gas, sondern nur bei besonders hohem Wärmebedarf durch lange Frostperioden oder bei Ausfall der anderen Wärmeerzeuger. Diese Verdrängung des Gaskessels durch BHKW und Wärmepumpe reduziert den CO2-Ausstoß im Vergleich zur alleinigen Wärmeversorgung durch einen Gaskessel um rund 77 Tonnen pro Jahr.

Auch das BHKW läuft nicht, wie bei konventioneller Auslegung, als „Dauerläufer“ mit beispielsweise jährlich 6.000 Betriebsstunden, sondern flexibel. Im betrachteten Zeitraum lief es insgesamt 2.567 Betriebsstunden, davon 88 Prozent auf Nennleistung, also mit optimalem Wirkungsgrad und minimalen Wartungskosten. Da es überwiegend in der kalten Jahreszeit betrieben wird (vgl. Abb. 3), in der wenig Solarstrom erzeugt aber viel Strom beispielsweise für Wärmepumpen benötigt wird, trägt es zudem zur Netzstützung bei.

Insgesamt schafft die Anlagenkombination somit eine sehr effiziente, umweltschonende, bezahlbare und das Stromnetz stützende Wärmeversorgung. Sie zählt zudem zu den KWK-Leuchtturmprojekten des Bundesverbandes Kraft-Wärme-Kopplung (B.KWK).

Freitag, 11.10.2024

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